Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V.
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Der Beirat Innenstadt beim BMI hat im Juli 2021 seine Innenstadtstrategie veröffentlicht (siehe https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen/bauen/wohnen/innenstadtstrategie.html).
Ausgangspunkt sind die schon länger bestehenden Probleme in der Entwicklung vieler Innenstädte, die durch die Corona-Pandemie zusätzlich verschärft wurden:
„Innenstädte, Stadtkerne und Zentren stehen vor enormen Herausforderungen, die durch die Corona-Pandemie noch verstärkt werden. Neben dem Handel haben auch Gastronomie, Hotelgewerbe, Handwerk und Kultur massiv mit den Folgen zu kämpfen. Welche Auswirkungen hat dies auf die Zentrenentwicklung in unseren Städten und Gemeinden? Müssen sich Nutzungsmodelle verändern, damit unsere Innenstädte attraktiv bleiben? Welche (neuen) Akteure sind für eine Weiterentwicklung der Innenstädte entscheidend? Und: Wer und was bringt die Menschen dazu, auch in der Zukunft „in die Stadt“ zu gehen?“
Die Darstellung und Bewertung der Strategie soll sich hier auf die Aspekte des Lärmschutzes in den Innenstädten konzentrieren, zu denen der ALD bereits in vielfältiger Form Stellung genommen hat (siehe z.B. das „Positionspapier des ALD zur Innenentwicklung“ unter https://www.ald-laerm.de/fileadmin/ald-laerm.de/Publikationen/ALD-Stellungnahmen/2020/ALD-Positionspapier_Innenentwicklung.pdf).
Konsens bei der Innenentwicklung ist bekanntlich das Ziel der „kleinteiligen Nutzungsmischung“, die lebendige Innenstädte und eine Stadt der kurzen Wege mit reduziertem Kfz-Verkehr ermöglicht. Die Strategie benennt aber auch die Grenzen der Nutzungsmischung:
„Die Umsetzung einer kleinteiligen Nutzungsmischung scheitert in Branchen mit speziellen Anforderungen nicht selten an damit verbundenen Emissionen (Lärm und Luft), Flächenstruktur und Erschließung. Beispielsweise benötigt emissionsstarkes Gewerbe möglichst kompatible Bedingungen im näheren Umfeld, um Konflikte zu vermeiden. Allerdings hat der technische Fortschritt die Emissionen gemindert und den Immissionsschutz verbessert, so dass es hier neue Möglichkeiten auch für Innenstadtstandorte gibt. Ebenso bieten Baurecht und Stadtentwicklungsplanung bereits viele Gestaltungsmöglichkeiten. Wie nah Wohnen und Gewerbe zusammenrücken können und welcher Grad an Körnigkeit in der Nutzungsmischung verträglich ist, hängt von der spezifischen Situation vor Ort ab. Eine Grenze der Nutzungsmischung ist dabei grundsätzlich der Gesundheitsschutz.“
Innerstädtischen Grün- und Freiräumen kommt dabei eine große Rolle zu, sie müssen bei der Nutzungsmischung – nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes – mitgeplant werden:
„Auch die gesundheitlichen Herausforderungen sind in den Blick zu nehmen: Gesundheitsschutz (z.B. Lärmschutz), Gesundheitsförderung (z.B. Green Gym) sowie Gesundheitserhalt und -verbesserung (z.B. durch Grün im Wohnumfeld) ermöglichen ein gutes und gesundes Leben in den Innenstädten. Im Sinne der Umweltgerechtigkeit sollte dies für alle Bürgerinnen und Bürger gelten und umgesetzt werden“.
Allgemeine Empfehlungen des Beirats Innenstadt
Der Beirat empfiehlt u.A. die folgenden Grundsätze für eine Revitalisierung der Innenstädte:
Immissionsrelevante Empfehlungen des Beirates Innenstadt:
Bewertung der Strategie
Nach Auffassung des ALD schwächen einige Vorschläge den Schutz der Bevölkerung vor Lärm (z.B. Experimentierklauseln, Nachtlogistik), indem sie auf eine „Weiterentwicklung“ immissionsschutzrechtlicher Regelungen (z.B. der TA Lärm) zielen und nicht mehr dem Schutz vor erheblichen Belästigungen, sondern lediglich den Gesundheitsschutz als Maßstab benennen. In dem Strategiepapier wird nicht ausgeführt, wie der vom Beirat gewünschte „starke gesellschaftliche Konsens“ bezüglich der Schutzbedürfnisse der Bevölkerung ggf. auch unter Berücksichtigung der Minderheitenrechte erreicht werden kann. Ebenfalls ungeklärt bleibt die Definition des Schutzkonzeptes „Gesundheit“ im städtebaulichen Planungsrecht. Eine enge Interpretation im Sinne des Art. 2 GG „körperliche Unversehrtheit“ ist nicht ausreichend und entspricht auch nicht dem Schutzkonzept des Immissionsschutzrechts, das auch die Vermeidung erheblicher Belästigungen gebietet.