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Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V.
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Auswirkungen des Lärms

Unser Gehör ist ein wichtiges Sinnesorgan, denn Geräusche helfen uns bei der Orientierung, ermöglichen die sprachliche Kommunikation und warnen uns auch vor Gefahren. Geräusche können allerdings zu Lärm werden, wenn sie unerwünscht sind und stören.

Es gibt zwei verschiedene Arten von gesundheitlichen Lärmauswirkungen auf den Menschen. Das eine sind sogenannte aurale Auswirkungen, die unser Gehör und die darin entstehenden Schäden betreffen. Weiterhin gibt es extra-aurale Lärmauswirkungen, welche die Auswirkungen auf den gesamten menschlichen Organismus beschreiben. Hierzu zählen beispielsweise Herz-Kreislauferkrankungen, Schlafstörungen, kognitive Beeinträchtigungen, Depressionen oder chronische Lärmbelästigung.

Aurale Auswirkungen
Unser Gehör kann durch permanent laute oder kurzzeitige extrem laute Geräusche geschädigt werden. Diese gehörbezogenen Auswirkungen nennt man aurale Auswirkungen. Hörschäden können sowohl reversibel, d.h. umkehrbar, als auch irreversibel, d.h. nicht umkehrbar, sein. So kann beispielsweise ein Konzertbesuch zu einer kurzzeitigen Verschiebung der Hörschwelle führen, bei der leisere Töne nicht mehr wahrgenommen werden können. Dies liegt daran, dass unsere Haarzellen durch die lange und starke Belastung ermüdet sind. Ein Tinnitus (sogenanntes Ohrensausen) gehört ebenfalls zu den auralen Auswirkungen und bezeichnet ein oftmals durch hohen Schalldruck hervorgerufenes Symptom, bei dem die betroffene Person ein „Klingeln“ oder einen „Piepton“ wahrnimmt.

Grundsätzlich kann sich das Gehör von solchen Belastungen erholen, es bedarf allerdings hierfür ausreichend Erholungsphasen, d.h. Zeiten ohne einer hohen Geräuschbelastung. Bei einer permanenten Lärmbelastung, wie sie z.B. an einigen Arbeitsplätzen auftreten kann, fehlen ruhige Zeiten. So werden die Haarzellen irreversibel geschädigt. Eine permanente Lärmbelastung von 85 dB oder höher (8 Stunden am Tag über mehrere Jahre) kann zu Gehörschäden führen. Oftmals geht dann die Sprachverständlichkeit zurück, da die Schäden bei einer Frequenz von 4.000 Hz auftreten, in dem auch Kommunikation angesiedelt ist. Die Hörfähigkeit für tiefere Töne, also im Frequenzbereich unter 4.000 Hz, nimmt ebenfalls ab. Die eingetretene Lärmschwerhörigkeit ist dauerhaft.

Auch bei kurzen, sehr lauten Geräuschen (z.B. Knall von Silvesterböllern oder Gewehrschüssen) kann das Innenohr dauerhaft geschädigt werden. Bei stärkeren Explosionen wird häufig das Trommelfell verletzt und es kann zu einer Schädigung des Mittelohrs kommen (Explosionstrauma).

Insgesamt sollte man darauf achten, sich nicht dauerhaft lauten Geräuschen auszusetzen. Erste Warnsignale des Gehörs sind zum einen der Tinnitus oder auch eine vorübergehende Verschlechterung der Hörfähigkeit.

Extra-aurale Auswirkungen
Bei Umgebungslärm, wie Straßen- oder Nachbarschaftslärm, sind aurale Auswirkungen nicht zu erwarten. Umgebungslärm kann allerdings extra-aurale Auswirkungen hervorrufen, die nicht gehörbezogen-, sondern stressbezogene Effekte des gesamten menschlichen Organismus beschreiben. Hierunter fällt beispielsweise die Lärmbelästigung.

Lärmbelästigung ist eine komplexe Reaktion auf Geräuschsituationen, die im Wesentlichen drei Aspekte beinhaltet: kognitive, affektive und verhaltensbezogene Reaktionen. Verhaltensbezogene Reaktionen umfassen die lärmbedingten Störungen von Aktivitäten, beispielsweise die Störung eines Telefonats, und Reaktionen zur Abwendung dieser Störungen, wie etwa das Schließen der Fenster. Affektive Reaktionen umfassen Emotionen (Ärger, Wut, Angst) und Einstellungen, die in Bezug auf diese Störungen auftreten können und sich gegen das Geräusch oder gegen Verursachende richten. Zu den kognitiven Reaktionen gehört die Einschätzung, nichts oder wenig gegen den Lärm tun zu können. Je stärker diese Reaktionen ausgeprägt sind, umso höher ist die Lärmbelästigung. Lärmbelästigung kann damit als eine Stressreaktion auf den Lärm angesehen werden. Bei einer Stressreaktion wird unser Körper in einen Angriff-oder-Flucht Modus versetzt (fight-or-flight response), wodurch das Herz-Kreislauf-System angeregt wird und Stresshormone ausgeschüttet werden. Diese Reaktionen können, anders als bei auralen Auswirkungen, auch bei niedrigerer Lautstärke auftreten. Eine kurzandauernde Lärmbelastung stellt in der Regel kein Problem dar, wenn der Körper anschließend ausreichend Zeit zum Erholen hat. Permanenter Umgebungslärm kann uns allerdings in einen „Dauerstresszustand“ versetzen und so das Risiko für bestimmte Krankheiten, wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöhen.

Nicht jede Geräuschquelle führt jedoch bei jedem Menschen gleichermaßen zur Belästigung. Es gibt einige Faktoren, die für den Grad der Belästigung relevant sind. So spielen personenbezogene Faktoren wie die individuelle Lärmempfindlichkeit und das individuelle Bewältigungsvermögen aber auch kontext-bezogene Aspekte, wie die vorhandene Geräuschkulisse ebenso wie die Sichtbarkeit der Geräuschquelle oder die Verfügbarkeit bzw. Nichtverfügbarkeit von erholsamen Rückzugsorten (ruhiger Raum im Haus oder Grünflächen bzw. Naherholungsgebiete im Wohnumfeld), eine wichtige Rolle bei der Belästigung. Darüber hinaus kann es situationsabhängig sein, ob uns ein Geräusch stört oder nicht. So stört uns in der Regel ein Geräusch wesentlich mehr, wenn wir uns gerade konzentrieren müssen oder entspannen wollen, als wenn dies nicht der Fall ist. Zusätzlich beeinflussen unsere Einstellungen zur Geräuschquelle unser Belästigungsempfinden. Wie Studien zeigen, sind die Lärmbelästigung und lärmbedingte Schlafstörungen jedoch weit verbreitete Probleme.

Die Umgebungslärmleitlinien der WHO aus dem Jahr 2018 benennen unter den extra-auralen Auswirkungen neben Belästigung und Schlafstörungen auch die Beeinträchtigung der kognitiven Leistung sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen als entscheidende Gesundheitswirkungen, die auf Umgebungslärm zurückführbar sind. So zeigen Studien, dass sich die Leseleistung von Grundschulkindern mit zunehmendem Fluglärm verschlechtert. In Bezug auf Herz-Kreislauferkrankungen werden Auswirkungen von Verkehrslärm u.a. auf Bluthochdruck und ischämischen Herzerkrankungen berichtet. Insbesondere für Straßenverkehrslärm liegen robuste wissenschaftliche Ergebnisse des Lärmeinflusses auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Die extra-auralen Gesundheitswirkungen von Lärm lassen sich quantifizieren, etwa in Form der Anzahl durch Lärm in der Gesundheit beeinträchtigter Personen oder anhand der Anzahl beschwerdefreier Lebensjahre, die durch Lärm verloren gehen. Bei den verlorenen gesunden Lebensjahren handelt es sich um eine Maßeinheit der WHO, mit welcher die Schwere der gesundheitlichen Auswirkungen durch Risikofaktoren bemessen wird. In Westeuropa gehen laut Berechnungen der WHO aus dem Jahr 2011 jedes Jahr zwischen 1 bis 1,6 Mio. beschwerdefreie Lebensjahre allein durch Verkehrslärm verloren. Für Deutschland (Stand 2019) wird eine Anzahl von 76.000 beschwerdefreien Lebensjahren angegeben, die jährlich aufgrund des Straßenverkehrslärms verloren gehen.